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Euromosaik-Studie

Weitere Sprachen  in der Tschechischen Republik

  1. Bulgarisch
  2. Kroatisch
  3. Griechisch
  4. Ungarisch
  5. Russisch
  6. Ruthenisch
  7. Ukrainisch
  8. Weitere Sprachgruppen

 

1. Bulgarisch

Bulgarisch [bălgarski ezik] ist, neben Kroatisch, Mazedonisch, Serbisch und Slowenisch, eine südslawische Sprache der indoeuropäischen Sprachfamilie. Es wurde 1899 kodifiziert und verwendet das kyrillische Alphabet, welches mit dem russischen fast identisch ist. Die bulgarische Minderheit manifestierte sich schon 1880 in Böhmen, auch wenn die Immigration von Bulgaren in das Gebiet der ČR erst auf die 1920er und 1930er Jahre zurückgeht. Einige kamen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Folge eines zwischenstaatlichen Abkommens, wobei viele in der Gemüsezucht beschäftigt waren. Sie besiedelten die Gebiete, die von den Deutschen verlassen wurden.

In der Volkszählung von 2001 gaben 4.363 Personen die bulgarische Nationalität an, während es 1991 nur 3.487 waren. Schätzungen zufolge leben allerdings 8.000-10.000 Bulgaren in der ČR (darunter diejenigen mit Aufenthaltserlaubnis). Die meisten haben die tschechische Staatsbürgerschaft. Die bulgarische Minderheit lebt über das gesamte Gebiet der ČR verstreut; die meisten leben jedoch in Prag, gefolgt von den Regionen Mittelböhmen, Südböhmen, Pilsen [Plzeň], Karlsbad [Karlovy Vary], Aussig [Ústi n. L.], Reichenberg [Liberec], Königgrätz [Hradec Králové], Südmähren, Olmütz [Olomouc] und Mähren-Schlesien. Fast 80 % der Volksgruppe sind über 18 Jahre alt. Die Minderheit ist zwar im Regierungsrat für nationale Minderheiten vertreten, hat aber keinen rechtlichen Status. Es gibt keine bulgarischen Schulen, mit Ausnahme der Petr Beron-Schule der bulgarischen Botschaft (gleicher Lehrplan wie in Bulgarien, aber mit erweitertem Tschechischunterricht). An Universitäten wird Bulgarisch an den Fakultäten für Slawistik angeboten. Wenige Informationen liegen zum Sprachverhalten der Bulgaren vor, doch es ist bekannt, dass einige Russisch als Verkehrssprache verwenden.

Der Verband Bulharska Sedjanka wurde 1880 in Prag gegründet. Andere Landsmannschaften folgten und schlossen sich schließlich zur Bulharska kulturne-osvetova organizace [Bulgarische Kultur- und Bildungsorganisation] (BKBO), dem Nachfolger von Bulharska Sedjanka, zusammen. Die BKBO wird vom Dachverband der Bulgarischen Kultur- und Bildungsklubs in der ČR (BKBK) geleitet, der als juristische Personen fungiert. 1992 wurde der Kultur- und Bildungsklub des Hl. Cyril und des Hl. Methodius gegründet, und 2001 die Bürgervereinigung Vazraždane in Prag. Andere neuere Organisationen sind Pirin, eine Tanz- und Folkloregruppe in Brünn [Brno], der Verband der Bulgaren und ihrer Freunde in der Tschechischen Republik Zaedno, der Verband für Bulgarien und der Bulharský kulturně osvětový klub. Die BKBO hat ca. 2.000 Mitglieder, die meisten sind Bulgaren mit tschechischer Staatsbürgerschaft oder dauerhaftem Wohnsitz in der ČR.

Zwar scheint es in der ČR keine bulgarische Literaturproduktion zu geben, doch gibt die BKBO die Zeitschrift Roden glas (zweimonatlich) heraus, der Verband Vazraždane die Zeitschrift Balgari und der Bulgarische Kultur- und Bildungsklub des Hl. Cyril und des Hl. Methodius von Zeit zu Zeit das Mitteilungsblatt Rodna reč. Die Prager BKBO veröffentlicht unregelmäßig das Mitteilungsblatt Inform. Es gibt keine speziellen Rundfunksendungen auf Bulgarisch.

Die BKBO-Klubs in Prag, Olmüz und Jungbunzlau [Mladá Boleslav] können täglich von 13 Uhr bis 24 Uhr Satellitenprogramme des Bulgarischen Staatsfernsehens sowie des Bulgarischen Staatsradios und des Christo-Botev-Radios auf Bulgarisch empfangen. Offenbar wird die Sprache in hohem Maße von Generation zu Generation weitergegeben, doch sprechen gemischte Paare eher Tschechisch.

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2. Kroatisch

Kroatisch [hrvatski jezik] ist, neben Bulgarisch, Mazedonisch, Serbisch und Slowenisch, eine südslawische Sprache der indoeuropäischen Sprachfamilie. Die Schrift basiert auf dem lateinischen Alphabet. Die Kroaten kamen schon im 16. Jh. nach Südmähren, um türkischen Invasionen zu entfliehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg galten die Kroaten als feindliche Minderheit, die mit den Deutschen kollaborierte. Die Angehörigen der kroatischen Minderheit wurden in verschiedene Dörfer und Städte im ganzen Gebiet der ČR umgesiedelt. Zunächst wurden sie in Orten angesiedelt, die zuvor von Deutschen bewohnt waren (z. B. Moravský Šternberk, Hůzová, Uničov usw.), später erreichten sie jedoch auch Österreich (insbesondere Wien) und andere Länder. Kürzlich forderte die kroatische Gemeinde in der ČR von der Regierung eine Wiedergutmachung für die in dieser Zeit begangenen Fehler. Meistens wird eine lokale Variante des Kroatischen gesprochen (bei der auch eine gemischte tschechisch-kroatische Orthografie eingesetzt wird), doch wird auch in Burgenland-Kroatisch [Gradišcansko Hrvatski] kommuniziert, das von den meisten Kroaten in der ČR, Slowakei, in Österreich und Ungarn verstanden wird. Beides sind jedoch Sprachen, die sich getrennt vom Standardkroatisch entwickelt haben, das heute in Kroatien gesprochen und von den mährischen Kroaten nur schwer verstanden wird.

Laut der Volkszählung von 2001 gab es 1.585 Personen mit kroatischer Nationalität. Einige von ihnen sind auch Neuankömmlinge, die in Folge der Ereignisse im ehemaligen Jugoslawien in die ČR kamen. Zwar sind die Angehörigen der kroatischen Minderheit über das gesamte Gebiet Tschechiens verstreut, doch leben viele in großen Städten wie Prag, Brünn, Olmütz und Mährisch Ostrau. Mährische Kroaten [Moravski Hrvati] sind insbesondere in den Dörfern Jevišovka, Dobré Pole und Nový Přerov nahe der österreichischen Grenze zu finden. Einer kürzlich durchgeführten Umfrage zufolge (2002) beherrscht nur ein sehr geringer Anteil das Kroatische (400), wovon nur 150 Personen die Sprache aktiv gebrauchen. Das Durchschnittsalter liegt über 30 Jahren.

Die Sdružení občanů chorvatské národnosti v ČR [Vereinigung von Bürgern der kroatischen Minderheit in der ČR] (gegründet 1991 in Brünn) ist die einzige Organisation, welche die Interessen der Kroaten in der ČR vertritt. Schwerpunkt der Vereinigung ist das jährliche Festival der kroatischen Kultur Kiritof, das seit 1948 jeden September in Jevišovka (Bezirk Lundenburg [Břeclav]) stattfindet. Es ist auch als „Kroatischer Kulturtag“ bekannt. Das Festival, das im Rahmen eines Programms des Kulturministeriums gefördert wird, wird in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden in Jevišovka vorbereitet und von Kroaten aus dem Burgenland (Österreich) und der Slowakei sowie Regierungsvertretern der Republik Kroatien besucht. Es bietet auch die Möglichkeit zur Verbreitung von Veröffentlichungen in Burgendland-Kroatisch. Die Vereinigung brachte auch verschiedene Texte in lokalen kroatischen Mundarten heraus, z. B. Bedřich Sič, Spominanje na rodni kraj (Brünn 1991). Es gibt keine kroatischen Schulen, doch werde an Fakultäten für Slawistik Sprachkurse angeboten. Im Bereich der Printmedien wird Hrvatske Novine veröffentlicht, eine (fast vollständig kroatische) Wochenschrift aus Österreich, die beim Kiritof-Festival erhältlich ist. Jeden Sonntag strahlt der österreichische Sender ORF II die einstündige Sendung Dobar dan, Hrvati in Burgenland-Kroatisch aus. Satellitenprogramme aus Kroatien haben den Nachteil, dass modernes Standardkroatisch von den mährischen Kroaten nur schwer verstanden wird.

Nach 1989 belebte sich das Interesse an der kroatischen Kultur und Sprache in den von Kroaten besiedelten Ländern wieder. Das Abkommen zwischen der tschechischen und der kroatischen Regierung über Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft dient beispielsweise der Erhaltung des kulturellen und historischen Erbes in seinen verschiedenen Aspekten. Durch die neu geknüpften Kontakte zu Kroaten aus Österreich und der Slowakei konnte das bestehende Niveau der Sprachkenntnisse aufrechterhalten werden. Allerdings erschwert die Streuung der Volksgruppe in der ČR die Situation. Nur Kinder von Eltern, die vor der Auswanderung aus Südmähren geheiratet haben, werden noch (in gewissem Umfang) auf Kroatisch erzogen. Eine Weitergabe der Sprache an die nächste Generation findet nicht mehr statt.

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3. Griechisch

Griechisch [Ellinika] ist ein unabhängiger Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie. Die griechischsprachige Gemeinde setzte sich ursprünglich aus Flüchtlingen des Bürgerkriegs in den 1940er Jahren zusammen. Fast 75 % kehrten zwischen 1975 und dem Ende der 1980er Jahre jedoch wieder in ihr Heimatland zurück. Im Zensus von 2001 gaben 3.219 Personen die griechische Staatsbürgerschaft an (auch wenn Gemeindevertreter die Anzahl auf 7.000 schätzen). Sie leben über das gesamte Gebiet der ČR verstreut, doch die meisten sind in Mähren-Schlesien (Jägerndorf [Krnov], Mährisch Ostrau [Ostrava], Mährisch Schönberg [Šumperk], Jechnitz [Jeseník], Trzynietz [Třinec], Karwin [Karviná], Oderberg [Bohumín], Havířov, Würbental [Vrbno pod Pradědem], Olbersdorf [Albrechtice], Hotzenplotz [Osoblaha], Dívčí Hrad, Rudelsdorf [Rudoltice], Krásné Loučky, Staré Purkartice, Heinrichsgrün [Jindřichov], Zlaté Hory), in Südmähren (Brünn [Brno], Znaim [Znojmo], Nikolsburg [Mikulov], Höflein [Hevlín] und Prag ansässig. Einzelne Familien leben auch an anderen Orten (z. B. Gablonz an der Neisse [Jablonec] nad Nisou, Reichenberg [Liberec], Königgrätz [Hradec Králové], Iglau [Jihlava], Wischau [Vyškov], Olmütz [Olomouc], Strassnitz [Strážnice]).

Die griechische Minderheit ist im Regierungsrat für nationale Minderheiten, und seit 2002, auch im Komitee für Subventionen des Regierungsrates für nationale Minderheiten, im Beratungsorgan für nationale Minderheiten des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, im Beratungsorgan für nationale Minderheiten des stellvertretenden Kulturministers sowie in der Medienkommission für das Radio vertreten. Der Vorsitzende der griechischen Gemeinde in Prag und ein Vertreter des Ausschusses sind Mitglieder der Kommission für nationale Minderheiten auf dem Gebiet der Hauptstadt Prag des Rates für die Hauptstadt Prag. Der Vorsitzende der griechischen Gemeinde Brünn ist Mitglied des Komitees für nationale Minderheiten des Rates von Brünn, und der Vorsitzende der griechischen Gemeinde Karwin ist Mitglied des Komitees für nationale Minderheiten in Karwin. Die griechische Gemeinde Jechnitz [Jeseník] ist in der Kommission für die Lösung des Problems nationaler Minderheiten der Stadtverwaltung Jechnitz vertreten. Da viele Griechen als Flüchtlinge nach Tschechien kamen und eine Rückkehr in ihr Heimatland vorsahen, entstanden zwar griechische Schulen, doch lösen sich diese derzeit auf. Allerdings wurde Griechisch 2001/02 in sieben Städten Nordmährens sowie in Brünn und Prag noch aktiv für 190 Schüler unterrichtet.

Die kulturellen Aktivitäten regionaler Organisationen der griechischen Gemeinde konzentrieren sich auf die Erhaltung und Weiterentwicklung der traditionellen Kultur. Die wichtigsten Aktivitäten werden vom Verband der griechischen Gemeinden in der Tschechischen Republik organisiert, darunter im Jahr 2002 das 7. Griechische Festival in der Tschechischen Republik und das Projekt „Wichtige Tage der griechischen Nation“. Die Traditionen werden auch von der Bürgervereinigung „Lyzeum der Griechen“ in Form von Volkskostümen, Tänzen und Bräuchen bewahrt. Die Gruppen Gorgona, Akropolis und Prométheus der griechischen Gemeinde in der ČR nehmen jedes Jahr an allen soziokulturellen Aktivitäten der griechischen Gemeinde sowie den Festivals anderer nationaler Minderheiten teil. Auf dem Siebenten griechischen Festival in Jägerndorf im Juni 2002 wurde zwischen Jägerndorf und Athen (Pefki) ein Partnerschaftsabkommen unterzeichnet. Neben verschiedenen Veröffentlichungen im Internet (www.sweb.cz/hellenika, www.rokm.aktualne.cz, http://mujweb.cz/www/csspnk/index.htm) gibt die griechische Gemeinde Prag vierteljährlich das Blatt Kalimera heraus, das von der Prager Stadtverwaltung unterstützt wird. Die griechische Gemeinde Brünn fasst die Veranstaltungen in elektronischer Form unter dem Titel Mantaforos tou Brno zusammen. Es gibt keine griechischen Fernseh- oder Radioprogramme.

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4. Ungarisch

Ungarisch [magyar nyelv] ist eine ugrische Sprache der uralischen Sprachfamilie, die das lateinische Alphabet verwendet. Als 1918 die Tschechoslowakei gegründet wurde, zählte die ungarische autochthone Minderheit 1 Million Angehörige, die hauptsächlich in der Slowakei und der Karpatenregion entlang der ungarischen Grenze lebten. Zwischen den Weltkriegen lebten verhältnismäßig viele Ungarn in Tschechien (7.000 Personen 1921 und 11.500 im Jahr 1930). Mit dem Ersten Wiener Schiedsspruch von 1938 infolge des Münchner Abkommens kam der Großteil der ungarischen Minderheit zurück nach Ungarn, doch wurden die Grenzen von Trianon nach dem Zweiten Weltkrieg wiederhergestellt und viele Ungarn vertrieben. An die 50.000 wurden in ehemalige Gebiete der Deutschen umgesiedelt (insbesondere zwischen 1946-47), doch die meisten kehrten in den Folgejahren zurück in ihre Heimat. In diesen Nachkriegsjahren zog die derzeitige ungarische Minderheit in der ČR in die tschechischen Industrieregionen und wurde mit der Teilung der Tschechoslowakei 1993 zu einer kleinen, nicht-autochthonen und von ihrem Mutterland getrennten Minderheit in der ČR. Laut Volkszählung 2001 gab es 14.672 Personen mit ungarischer Nationalität; 1991 waren es noch 19.932. Qualifizierte Schätzungen gehen jedoch von höheren Zahlen aus (ca. 19.300). Die Ungarn leben über das Gebiet verstreut, konzentrieren sich jedoch auf Prag und Umgebung sowie Nordböhmen und Mähren-Schlesien.

Die ungarische Gemeinde ist im Regierungsrat für nationale Minderheiten vertreten. Die Bürgervereinigung der Angehörigen der ungarischen nationalen Minderheit ist der Verband der in Böhmen lebenden Ungarn. Er organisiert verschiedene kulturelle Aktivitäten und führt eine Bibliothek und Videothek, in denen Informationen über die ungarische Minderheit in der ČR gesammelt werden. Das wichtigste Projekt der Organisation sind die „Tage der ungarischen Kultur“, an denen in Prag, Brünn, Mährisch Ostrau und Pilsen kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Seit mehr als einem Jahrhundert wird an der Karlsuniversität ungarische Philologie gelehrt, und der Svaz Madaru zijicich v ceskych zemich [Verband der in Böhmen und Mähren lebenden Ungarn] bietet in Zusammenarbeit mit dem Madarske kulturni stredisko [Ungarisches Kulturzentrum] in Prag Ungarischkurse für Kinder ungarischer Familien an. Eine andere sprachbezogene Initiative für die Minderheit ist die Veröffentlichung von Prágai Tükor, einer fünfmal jährlich vom Verband der in Böhmen lebenden Ungarn herausgegebenen Zeitschrift (96 Seiten, 1.000 Exemplare). Prágai Tükor ist die bedeutendste ungarische Zeitschrift und erscheint seit 1993. Schwerpunkte sind das kulturelle und soziale Leben der ungarischen Minderheit sowie kulturelle/historische tschechisch-ungarische Beziehungen. Jedes Exemplar enthält eine Zusammenfassung auf Tschechisch und Englisch. Der Wille der Ungarn zur Erhaltung der Sprache scheint nicht sehr ausgeprägt: Umfragen von 1992 offenbarten, dass mehr als zwei Drittel der Ungarn zu Hause Tschechisch sprachen und 41 % kein Interesse zeigten, die Sprache an ihre Kinder weiterzugeben.

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5. Russisch

Russisch [russkij jazyk] ist eine ostslawische Sprache, die mit dem Weißrussischen und Ukrainischen verwandt ist und das kyrillische Alphabet verwendet. Die ersten Russen kamen in den 1920ern infolge der russischen Revolution in die ČR (die Tschechoslowakei hatte ein Flüchtlingsprogramm geschaffen). Ihre Anzahl stieg in den 1920ern und 1930ern auf über 20.000, und einige von ihnen wurden am Ende des Zweiten Weltkriegs von der sowjetischen Armee deportiert. Im Zensus von 2001 gaben 12.369 Personen die russische Nationalität an, mehr als doppelt so viele wie 1991 (5.062). Außerdem gaben 18.746 Personen Russisch als ihre Muttersprache an und 670 Tschechisch und Russisch. Dies entspricht früheren Schätzungen, die von 16.000 bis 20.000 Personen ausgingen. Die Angehörigen der russischen Minderheit leben verstreut über das Gebiet der ČR, doch die meisten in größeren Städten wie Prag, Brünn, Karlsbad, Olmütz, Aussig und Pardubitz.

Der Vorsitzende der Bürgervereinigung „Russische Tradition“ ist aktives Mitglied der Kommission des Rates für nationale Minderheiten der Hauptstadt Prag. Russisch wird immer noch an einer Reihe von Grund- und Sekundarschulen unterrichtet, und die Wiedereröffnung der zweisprachigen tschechisch-russischen Schule ist für 2004 vorgesehen. Die meisten russischen Organisationen sind Bürgervereinigungen („Russische Tradition“, „Russisches Institut“, das russische Občina, Očag, Ruske stredisko vedy a kultury v Praze [Russisches Zentrum für Wissenschaft und Kultur in Prag]); einige arbeiten lediglich „schwarz“ und sind nicht registriert. Zu den Aktivitäten zählen insbesondere Festivals, Kulturprogramme (Konzerte klassischer Musik, Vorstellungen von Prosa und Poesie russischer Autoren usw.) sowie die Veröffentlichung von Zeitschriften und Arbeiten lokaler Autoren in russischer Sprache. Die Bürgervereinigung „Russische Tradition“ erhielt 2002 von der Stadtverwaltung finanzielle Unterstützung für mehrere Projekte, wie z. B. die Veröffentlichung von Büchern über die russische Emigration, Konzerte klassischer Musik und die Veröffentlichung der russischen Zeitschrift „Russisches Wort“. Das Russische Institut gibt das Blatt Vesti heraus, das fünfmal jährlich erscheint (12 Seiten, 3.500 Exemplare). Im tschechischen Radio wird eine 30-minütige Sendung auf Russisch ausgestrahlt, doch gibt es keine russischen Fernsehprogramme.

Die russische Minderheit engagierte sich immer eher in der orthodoxen Kirche als in Bürgervereinigungen. Und in der Tat scheint die orthodoxe Kirche die einzige in Böhmen zu sein, deren Mitgliederzahlen (schätzungsweise 100.000) steigt. In Böhmen vereint diese Kirche sowohl die russischen als auch die ukrainischen und weißrussischen Gemeinden. Im Privatleben wird die russische Sprache in großem Umfang gebraucht.

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6. Ruthenisch

Ruthenisch [rusyn’skyj jazyk] ist eine ostslawische Sprache der indoeuropäischen Sprachfamilie. Bis zum Zweiten Weltkrieg waren die Ruthenen einen eigenständige Komponente des tschechoslowakischen Staates (Podkarpatská Rus). Bei der Gründung der Tschechoslowakei wurde gar vorgeschlagen, das Land Česko-slovenská-rusínská republika [Tschecho-Slowakisch-Ruthenische Republik] zu nennen. Das Gebiet der Karpato-Ukraine wurde später von der UdSSR annektiert (und ist heute Teil der Ukraine). Die Ruthenen in der ČR wurden als Untergruppe der Ukrainer angesehen und als solche behandelt. In der Volkszählung von 2001 gaben 1.106 Personen die ruthenische Nationalität an (1991 waren es 1.926). Schätzungen der Gemeinde selbst gehen von 10.000 Personen aus. Angehörige der ruthenischen nationalen Minderheit leben über das Gebiet der Tschechischen Republik verstreut, doch leben die meisten in größeren Städten wie Prag, Brünn, Teschen [Český Těšín], Neuhaus [Jindřichův Hradec] und in Nordböhmen. Über die Jahre scheinen die Ruthenen ihre Motivation und ihr Bedürfnis verloren zu haben, sich mit einer Ethnie zu identifizieren, so dass eine Assimilation mit den Tschechen stattfand.

Die ruthenische Minderheit ist im Regierungsrat für nationale Minderheiten, dem Außenministerium, dem Tschechischen Auslandsinstitut, der Stadtverwaltung Prag und Brünn sowie anderen gewählten Stadtbehörden (z. B. in Karwin) vertreten. Der Verband der Freunde der Karpato-Ukraine (VFKU) mit seiner ruthenische Abteilung (die Spolecnost pratel Podkarpatske Rusi) wurde 1990 gegründet. Der VFKU steht sowohl den Angehörigen der ruthenischen Minderheit als auch tschechischen Anhängern der Karpato-Ukraine, ihrer Einwohnern und Menschen offen, die sich für die Geschichte, Gegenwart, das Wesen und den Tourismus dieser Gegend interessieren. Der Verband ist Mitglied des ruthenischen Weltverbandes und hat Vertreter im Weltrat der Ruthenen. Er betreibt Zweigstellen in Brünn, Neuhaus und Teschen. Jedes Jahr organisiert er ein allgemeines Treffen zur Auswertung der Aktivitäten und Ausarbeitung eines Aktionsprogramms. Eine weitere Organisation ist Obščestvo Rusinov. Hauptanliegen der Gemeinde sind die Wiederherstellung und Weiterentwicklung der ruthenischen Identität, das Studium der Geschichte und der Probleme der Ruthenen, kulturelle, pädagogische und verlegerische Tätigkeiten sowie die Zusammenarbeit mit den Organisationen der ruthenischen nationalen Minderheiten in der Slowakei, Ungarn, der Karpato-Ukraine, Polen, den USA und Kanada. Außerdem werden Dokumente, Fotografien und Artefakte aus der ruthenischen Geschichte gesammelt. Ferner finden Lesungen und informelle Treffen sowie Zusammenarbeit mit anderen Organisationen statt (Nationalmuseum, Demokratische Bewegung Masaryk, kulturelle Institutionen). Ausstellungen gab es in neuhaus, Neu Straschitz [Nové Strašecí], Melnik [Mělník] und an vielen anderen Orten der Tschechischen Republik. VFKU gibt auch die Zeitschrift Podkarpatská Rus heraus, die wissenschaftliche Studien, Festschriften, Dokumente, historische und politische Studien und sogar Belletristik (in der Ausgabe Verchovina) enthält. Die Zeitschrift erscheint seit 2003 sechsmal jährlich teilweise in ruthenischer Sprache. Gemeinsam mit anderen ruthenischen Organisationen der Karpatenregion veröffentlicht der Verband ferner den zweisprachigen Tschechisch-Ruthenischen Kalender.

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7. Ukrainisch

Ukrainisch [ukrajins’ka mova] ist eine ostslawische Sprache der indoeuropäischen Sprachfamilie. Ukrainische Studenten und Intellektuelle kamen ab dem 19. Jh. nach Böhmen, doch viele erst in den 1920er Jahren infolge der russischen Revolution. Es gab eine ukrainische Universität in der Tschechoslowakei. Laut Zensus von 2001 gehörten 22.112 Personen der ukrainischen nationalen Minderheit an (1991 waren es 8.220). Die Angehörigen der ukrainischen Minderheit leben über das Gebiet der Tschechischen Republik verstreut; die meisten sind jedoch in größeren Städten wie Prag, Karlsbad, Tetschen [Děčín], Brünn und Mährisch Ostrau ansässig. Im Grundschulbereich gibt es die Ridna Škola, die von der Ukrainischen Initiative in der Tschechischen Republik unterstützt wird. Ihre Bedeutung für die ukrainische Sprache ist jedoch nicht bekannt.

Die ukrainische Gemeinde ist im Regierungsrat für nationale Minderheiten vertreten. Die größte Bürgervereinigung ist die Ukrajinska iniciativa v ČR [Ukrainische Initiative in der Tschechischen Republik]. Die Ukrajinska iniciativa führte 2002 das Projekt „Bewahrung der Identität und Weiterentwicklung der ukrainischen (ukrainisch-ruthenischen) nationalen Minderheit in der Tschechischen Republik” durch, im Rahmen dessen auch die jährlichen Veranstaltungen der Vereinigung stattfanden (d. h. Konzerte, Filmvorführungen, Ausstellungen und Treffen). Der Verband der ukrainischen Frauen trägt zur Erhaltung der ukrainischen Kultur, insbesondere der literarischen Traditionen, bei. Er organisiert Lesungen und gibt Veröffentlichungen über ukrainische Geschichte und Beiträge bekannter Persönlichkeiten der ukrainischen Minderheit in Böhmen seit dem Ende dem 19. Jh.’s heraus. Der Verband erhielt im Jahr 2000 einen Zuschuss für die Veröffentlichung der Ukrainischen Nekropolis in der Tschechischen Republik, einer Zeitschrift über wichtige ukrainische Persönlichkeiten, die in der ČR lebten und starben. Der Verband der Ukrainer und Freunde der Ukraine bemüht sich um die Erhaltung und Weiterentwicklung der ukrainischen Musik. Er unterhält den Chor des Hl. Vladimir, welcher Konzerte gibt und an orthodoxen liturgischen Gottesdiensten in Prag teilnimmt. Die Ukrainische Initiative in der Tschechischen Republik gibt mit staatlicher Unterstützung viermal jährlich die Zeitschrift Porohy (36 Seiten, 850 Exemplare) heraus. Die Zeitschrift befasst sich mit den Aktivitäten der ukrainischen Minderheit in der ČR und der Welt. Das Programm des Radiosenders Regina Radio wurde 2002 nach zehn Jahren eingestellt.

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8. Weitere Sprachgruppen

Die Volkszählung von 2001 ergab, dass u. a. auch Albaner (609), Chinesen, Kalmyken, Mazedonier, Rumänen (1.238), Serben (1.801) und Vietnamesen (17.462) in der ČR leben. Einige dieser Gruppen wurden nicht gesondert gezählt, sondern fielen unter die Kategorie „Andere“. Es sind meist Gemeinschaften kürzlich immigrierter Gruppen. Albaner und Serben kamen infolge der Konflikte auf dem Balkan in die ČR (1990er). Die serbische Gemeinde lebt hauptsächlich in Prag und baut seit den späten 1990er Jahren Organisationsstrukturen auf; vermutlich wird sie 2004 einen Vertreter im Rat stellen. Die Kalmücken sind eine westmongolische ethnische Gruppe (ursprünglich aus dem Gebiet zwischen Russland und China), die offenbar erstmals als Flüchtlinge vor der russischen Revolution in die ČR kamen, obwohl eine größere Gruppe auch nach dem Zweiten Weltkrieg eintraf. Sie sind Anhänger der buddhistischen Religion. Kalmückisch ist eine mongolische Sprache, die heutzutage in lateinischen Buchstaben geschrieben wird, und Amtssprache der Kalmückischen Republik ist (Russische Föderation). Diese Gruppe gibt offenbar eigene Veröffentlichungen in Revnice [Řevnice] in der Nähe von Prag heraus. Mazedonier kamen zu Beginn der 1950er Jahre infolge des griechischen Bürgerkriegs in die ČR. Es sind keine Statistiken verfügbar, doch wird ihre Anzahl auf etwa 1.000 geschätzt. Die Gemeinde lebt über die gesamte ČR verstreut, und das Durchschnittsalter ist relativ hoch. Die Sprache hat weder einen gesetzlichen Status, noch ist sie im Schulsystem oder in den Medien vertreten. Da Mazedonisch eine slawische Sprache ist, war die Assimilation vermutlich stärker als bei der griechischen Gemeinde. Die Spolecnost pratel jiznich Slovanu [Gesellschaft der Freunde der südslawischen Völker] in Brünn ist die Dachorganisation und fördert Aktivitäten für Mazedonier. Wie die Bulgaren wurden auch die Rumänen in Gebieten angesiedelt, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Deutschen verlassen wurden. Die ersten Vietnamesen kamen 1955 infolge des Abkommens über wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen der Tschechoslowakei und der Vietnamesischen Demokratischen Republik in die ČR. Zu Beginn der 1980er Jahre erreichte ihre Anzahl einen Höchststand von 30.000 Einwohnern. Im Jahr 1989 wurde das Abkommen aufgehoben und die Volksgruppe schrumpfte auf 421 Angehörige (1991). Der Trend kehrte sich jedoch später um, auch aufgrund des großen Zustromes aus dem ehemaligen Ostdeutschland. Der Zensus von 2001 ergab schließlich 17.462 Vietnamesen (darunter diejenigen mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis). Die größte Konzentration findet sich in den Grenzgebieten zu Deutschland.

 

zuletzt aktualisiert: 27-10-2006