Über die Mundart in den Schweizer Parlamenten.
In den Schulen sprechen Kinder Hochdeutsch, in der Arbeitswelt wird auf Hochdeutsch kommuniziert und Ämter verschicken ihre Briefe ebenfalls in Schriftsprache. Das ist normal, keine Zwängerei. Allerdings halten es 12 von 21 Deutschschweizer Kantonsparlamente anders, sie debattieren in Mundart. Was sogar in den meisten Kindergärten der Schweiz längst Standard ist, verweigern Urner, Glarner, Solothurner und Appenzeller Politiker weiterhin: Ins Hochdeutsche zu wechseln, wenn sie etwas sagen wollen. Freilich mag man einwenden, die Schriftsprache sei unschweizerisch. Die Politiker sollen reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Hochdeutsch lebt zudem mit dem ständigen Vorwurf, elitär zu klingen. Nur: Diese Argumente ziehen nicht.
Erstens entscheiden Parlamentarier über unsere Gesetze. Sie sind Teil der Elite, ob sie das wollen oder nicht. Zweitens lässt sich der provinzielle Charakter der Mundart nicht einfach abschütteln. Die wenigsten Schweizer sprechen so geschliffen Hochdeutsch, dass ihnen die Herkunft nicht mehr anzuhören ist. Es geht also nicht darum, den ureigenen Charakter von Kantonsparlamenten zu verändern. Nein, es geht um Effizienz. Fürs Protokoll müssen die Ratssekretäre die Debatten sowieso übersetzen. Das ist nicht nur mühsam, sondern unsinniger Zusatzaufwand: Für eine Stunde Ratsdebatte braucht ein Ratssekretär rund sechs Stunden. Wenn sie in Mundart geführt wird, sind es drei Stunden mehr.
Ausserdem verhindert die Mundart Effizienzgewinne in Zukunft. Bern wollte die Ratsprotokolle einer Software mit Spracherkennung überlassen. Das Unterfangen scheiterte zuerst an den Dialekten.