Lachen auf Hessisch – TV-Serienstar Walter Renneisen im...

Foto: Regina Trabold  Foto: Regina Trabold
© Foto: Regina Trabold

Herr Renneisen, wie viele Vorstellungen gab es bislang von Ihrem Kabarettprogramm „Deutschland, Deine Hessen“?Weit über 1000 sind es bestimmt. Wie kamen Sie auf die...

Anzeige

. Herr Renneisen, wie viele Vorstellungen gab es bislang von Ihrem Kabarettprogramm „Deutschland, Deine Hessen“?

Weit über 1000 sind es bestimmt.

Wie kamen Sie auf die Idee?

Ein Zufallstreffer. In Rüsselsheim baut ein Verein in einem Vorgarten Wein an. Das wird einmal im Jahr gefeiert, und ich sollte dazu etwas vortragen. Da kam mir die Idee, etwas im hessischen Dialekt zu bringen. Mein Schulkamerad Professor Ernst Erich Metzner kannte die Gedichte des Rüsselsheimer Mundartdichters Jakob Falk. Ich habe ein paar Gedichte ausgewählt, einen Rahmen dazu geschrieben und unter dem Titel „Deutschland, Deine Hessen“ vorgetragen.

Anzeige

Haben Sie ein Beispiel auf Lager?

„Dag Fraa Redlich.“ „Dag Fraa Meier.“ „Na, was macht dann eier kranke Schwesder heit?“ „Hitz hot se, sekt se, hätt se, Kiehlung möchte se, wollte se, braucht se, dorschdig is se, sekt se, wär se, trinke wollte se, möcht se, därft se.“ Ich habe einen Verlag gegründet, gebe eine Doppel-CD dazu heraus. Mittlerweile ist auch ein Büchlein erschienen mit Falks Mundartgedichten.

Was hat Sie dazu gebracht, den Dialekt in dieser Weise zu sezieren? Warum lieben Sie Hessisch?

Ich schätze diesen trockenen, zutreffenden, hessischen Humor. Beispiel: Sie: „Karl, es Telefon duds net!“ Er: „Duds tute?“ Sie: „Tute duds, awwer due duds net!!!“

Sie waren in jungen Jahren mal Schlagzeuger. Trommeln Sie noch?

Anzeige

Ja natürlich! Das Schlagzeug setze ich bei verschiedenen Auftritten ein. Bei meinen Vorstellungen sind immer Instrumente dabei, manchmal zehn Stück. Ich bin sozusagen ein Grenzgänger zwischen Sprache und Musik. Deshalb habe ich ja 2016 auch den Rheingau Musikpreis erhalten.

Sie haben schon zu Zeiten von Bill Haley Musik gemacht.

Als Schlagzeuger in einer Rock’n’Roll-Band bin ich mit Bill Haley in einem Club der US-Army aufgetreten. Damals spielte ich das beste Schlagzeug, das auf dem Markt war: ein Trixon Speedfire. Leider das teuerste. Ich war 17, als ich es bei einem Konzert in Frankfurt sah, musste es haben. Ich arbeitete als Fensterputzer, sparte das Geld und zahlte das Schlagzeug an, mit dem ich dann in Bands spielte und meine Schulden abstotterte.

Sie sind öfter in England, auch bei der berühmten Nichte?

Ja. Meine Schwester hat einen Engländer geheiratet, wohnt in London, und ihre Tochter Alex Kingston ist in England ein Star. Alex spielt bei der Royal Shakespeare Company, sie drehte zusammen mit George Clooney in „Emergency Room“. Zurzeit tritt sie in „Dr. Who“ auf, einer Kultserie in England. Ich bin ihr Patenonkel.

Das Schauspielen liegt in der Familie. Ihr Sohn Mathias ist ja auch vom Fach. Gemeinsam spielen Sie „Krach im Hause Mozart“. Ist das Salonkonzert Ihr Werk?

Ja, das habe ich zusammengestellt. Acht Bände Mozartbriefe durchgeackert. Mein Sohn und ich haben daraus einen spannenden Dialog geschaffen. Ekatarina Kitàeva, eine Pianistin der Meisterklasse, spielt Stücke von Mozart dazu. Tolle Sache.

Sie sind hoch dekoriert. Bundesverdienstkreuz, ja Hessischer Verdienstorden, Ehrenspange der Stadt Bensheim. Für „Deutschland, Deine Hessen?“

Nein. Es ist wohl für mein soziales Engagement, wie bei „Echo hilft“, für das ich schon dreimal eine Benefizveranstaltung gemacht habe. Wir unterstützen auch das Speichertheater im AKG Bensheim und spenden für den Freundeskreis des Bensheimer Parktheaters. Dadurch wird Theater für und mit Kindern möglich.

Wie kamen Sie zum Theaterspielen? Waren Sie schon als Kind der Klassenclown?

Ich war Schulclown. In der Grundschule in Raunheim ging das los. Ich wurde in der Kirche eingesetzt. Weil ich da schon Zweisprachler war: breites Hessisch und feines Hochdeutsch. Auch am Gymnasium in Rüsselsheim kam ich schnell zum Schultheater. Meine erste Rolle war König Drosselbart.

Wie viele Rollen und Texte passen in einen Kopf?

Das ist bei jedem Schauspieler anders. Will Quadflieg konnte den ganzen Faust auswendig, konnte stundenlang Balladen aus dem Gedächtnis rezitieren, andere vergessen ihren Text schnell wieder. Da gibt es keine Regeln. Am liebsten lerne ich Text beim Laufen.

Sie sind 77. Denken Sie ans Aufhören?

Nein, der Vorhang fällt noch nicht. Ich werde reduzieren, habe mit meiner Frau Elisabeth fünf Wochen Urlaub am Stück gemacht und Kraft für neue Projekte gesammelt. Ich plane ein Programm „Ernst Jandl und die Unsinnspoesie“.

Gibt es eine Traumrolle, die Sie noch gerne spielen würden?

King Lear von Shakespeare.

Warum?

Weil ich jetzt in dem Alter bin, in dem ich diese Rolle überzeugend spielen kann. Der Mensch im Endstadium seines Lebens.

Was treibt Sie an?

Die deutsche Sprache gerät in Schieflage. Dagegen muss ich etwas tun! Großartige Dichter, Schriftsteller wie Morgenstern, Kästner, Tucholsky, Ringelnatz, Jandl drohen vergessen zu werden. Die müssen wieder auf die Bühne.

Sie waren ein enger Freund von Günter Strack.

Günter hat mich sehr gefördert. Dass ich ihn kennenlernte, gehört zu den glücklichen Zufällen. Er hat mich in Darmstadt im Theater gesehen. Ich gefiel ihm offenbar so gut, dass er mich, ohne dass ich es wusste, für Fernsehrollen und auch für Rollen im Theater vorschlug. Wir standen zusammen auf der Bühne, gingen auf Tournee. Daraus erwuchs eine tiefe Freundschaft.

Welches Buch würden Sie gern mal lesen?

Die Bibel. Sie wird immer spannender.

Gehen Sie ins Kino, schauen Sie fern oder ist’s doch eher das Theater?

Natürlich bevorzuge ich das Theater. Wir sind hier an der Bergstraße bestens aufgestellt, haben in Bensheim das Parktheater mit vielen interessanten Aufführungen. Von Bensheim aus bin ich schnell in sechs Stadt- oder Staatstheatern. Heidelberg, Mannheim, Darmstadt, Mainz, Wiesbaden und Frankfurt. Fern gucke ich höchsten zwei Stunden in der Woche.

Kein Fußball?

Doch, Fußball natürlich. Ich bin Dortmund-Fan, auch Anhänger der Lilien. Aus alter Liebe zu Darmstadt. Hoffentlich steigen die 98er wieder auf. Stadionbesuche sind eher selten. Wenn die 98er gegen den Ball treten, trete ich meist auf.

Welche Musik hören Sie heute am liebsten?

Mozart.

Ich könnte Sie mir gut als Hessen-Rapper vorstellen...

Aber nur als Persiflage. Ich stampfe den Takt dann mit ’nem Krückstock.